Lange hat es gedauert, bis Nintendo-Spieler endlich in den Genuss von Rayman Legends kamen. Von daher ist es umso interessanter, ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat. Wir haben mit Rayman die Kleinlinge gerettet, Lums gesammelt und verraten in unserem Test zu Rayman Legends, wie viel Spaß wir dabei hatten.
Die Geschichte von Rayman Legends ist überschattet von einem negativen Ereignis, denn der ursprünglich für den Februar diesen Jahres geplante Titel erhielt kurzfristig eine Verschiebung um mehrere Monate nach hinten. Grund war, dass das einst exklusiv für die Nintendo Wii U geplante Spiel aufgrund der schwachen Verkaufszahlen von Nintendos neuer Heimkonsole auch für die anderen Konsolen erscheinen sollte. Gerade in der Zeit nach dem Release der Wii U, als gute Software noch Mangelware war, hatten sich viele Nintendo-Fans bereits auf den Hüpfer aus dem Hause Ubisoft gefreut und waren alles andere als begeistert von dieser Nachricht. Selbst zum totalen Boykott von Ubisoft-Produkten wurde an vielen Stellen im Internet aufgerufen. Als Wiedergutmachung stellte Ubisoft allerdings die kostenfreie Challenge App exklusiv auf der Wii U zur Verfügung, welche die Zeit bis zum tatsächlichen Release des Spiels überbrücken sollte. Außerdem versprachen die Entwickler, denen die Entscheidung der Geschäftsführung selbst nicht gefiel, weiterhin am Umfang des Spiels zu arbeiten.
Hat sich die längere Wartezeit also gelohnt und kann das Ergebnis nun wirklich überzeugen? Um diese Frage schon einmal vorab zu beantworten: Ja, das Ergebnis überzeugt. Und zwar über alle Maßen! Rayman Legends ist genau das, was die Wii U braucht - hervorragende Software, die die Vorzüge des GamePads sinnvoll demonstriert. Aber immer der Reihe nach, denn zuerst einmal muss die Welt gerettet werden. Denn während Rayman und der Rest der Welt für 100 Jahre schläft, wird die gerade erst gerettete Welt erneut bedroht. Die Kleinlinge wurden gefangen genommen und es ist eure Aufgabe, diese wieder zu befreien. Die Geschichte ist dabei weder einfallsreich noch sonderlich neu, das muss sie aber auch nicht sein. Ihr stürzt euch nämlich in den folgenden Stunden in ein Abenteuer, das an Einfallsreichtum kaum noch zu überbieten ist.
Das Grundprinzip ist dabei einfach: Ihr springt in einer Galerie in die verschiedenen Bilder, respektive Levels, absolviert diese und versucht nicht nur die dort versteckten Kleinlinge zu finden, sondern auch möglichst viele Lums zu sammeln. Die Lums sind dabei Lichtwesen, die euch am Ende des Levels einen Pokal verschaffen können, je nachdem wie viele ihr davon gesammelt habt. Reihen von Lums haben oftmals einen violetten Lums, während die anderen Lums gelb sind. Hier solltet ihr zuerst den violetten Lums sammeln, da sich dann der nächste Lums in der Reihe violett färbt - und so weiter und so fort, bis ihr die komplette Reihe eingesammelt habt. Der Vorteil dabei ist, dass violette Lums doppelt gezählt werden, während ein gelber Lums euer Konto um nur einen Zähler nach oben bringt. In jedem Level sind außerdem noch insgesamt zehn Kleinlinge versteckt inklusive zweier Könige. Diese sind meist etwas schwieriger zu finden und hinter Geheimgängen versteckt, während die übrigen Kleinlinge oft an eher schlecht zu erreichenden Stellen auf ihre Befreiung warten. Um sie von ihrem Schicksal zu erlösen, müsst ihr dabei lediglich den Käfig zerstören, in dem sie stecken. Habt ihr die Kleinlinge mit Krone befreit, erhaltet ihr ein Energieherz, das euch beim nächsten Treffer schützt. Auch im Ladebildschirm vor den Levels könnt ihr euch solch ein Herz verdienen, was eine nette Idee ist.
Am Ende eines Levels erfolgt dann eine Abrechnung, in der die gesammelten Lums gezählt und euch je nach Erfolg ein Bronze-, Silber- oder Goldpokal verliehen wird. Hier könnt ihr euch außerdem ein Rubellos verdienen, das ihr auf dem Touchscreen der Wii U frei rubbelt. Dahinter verstecken sich Extras wie mehr Lums für euer Gesamtkonto, gefangene Kleinlinge, Monster und Levels aus Rayman Origins. Origins? Monster? Richtig. Denn zum einen beinhaltet Rayman Legends eine Auswahl der besten Levels aus dem Vorgänger, zum anderen dürft ihr verschiedene Monster-Familien wie die Roboter, die Schweine oder die Toasts sammeln und sie täglich besuchen, um die von ihnen produzierten Lums einzusammeln. Die aus der Challenge App bekannten Herausforderungen finden sich auch in Rayman Legends wieder, so dass ihr hier zum täglichen sowie wöchentlichen Duell mit Spielern aus aller Welt antreten dürft. Eure erzielten Ergebnisse werden dabei direkt mit den anderen Rayman-Spielern aus eurer Freundesliste verglichen, so dass hier ein gewisser Ansporn vorhanden ist, zumindest besser als die eigenen Kumpels zu sein. Bei den Challenges wiederholen sich zwar die Themen, so dass vor allem Spieler der Challenge App nicht überrascht sein werden, die Abwechslung aus "Sammle möglichst schnell alle Lums" oder "Komme möglichst weit in dem Level" kann aber trotzdem immer wieder motivieren, zumal für jede Herausforderung auch eine besonders anspruchsvolle, extreme Version existiert.
Doch kommen wir noch einmal zurück zum Spiel und dessen grundlegenden Mechaniken. Im Herzen ist Rayman Legends nämlich in erster Linie ein verdammt liebevoll gestaltetes Jump'n'Run, dem man die Liebe zum Detail zu jeder Sekunde ansieht. Ihr steuert euren gliederlosen Helden durch kunterbunte Level und springt dabei euren Gegnern auf den Kopf oder schleudert ihnen eure Faust entgegen. Mit gedrückt gehaltener R-Taste könnt ihr rennen, Gemüse wird aus dem Boden gezogen, eine Stampfattacke zerstört poröse Böden unter euren Füßen, ihr springt behände von einer Wand zur nächsten und wenn sich eure Haare schnell im Kreis drehen wie ein Helikopter, könnt ihr nicht nur gleiten, sondern mit etwas Aufwind von unten sogar durch die Levels schweben. Kennern der Serie sind diese grundlegenden Funktionen bereits bekannt, daher wird das Gameplay immer wieder aufgelockert. Mal reitet ihr auf einem Moskito durch die Lüfte und fühlt euch wie in einem Shoot'em'Up, mal gleitet ihr unter Wasser wie ein Fisch durch Höhlen und werdet von Suchscheinwerfern und Bomben bedroht.
Immer wieder auch kommen die speziellen Funktionen des GamePads der Wii U zum Einsatz, wenn ihr die Steuerung der Fliege Murphy übernehmt. Auf dem Bildschirm hat Raymans Kumpel Globox dann die Führung übernommen und läuft automatisch durch den nächsten Abschnitt. In der Rolle von Murphy müsst ihr Globox jedoch auf seinem Weg helfen, indem ihr Seile zerschneidet, Kisten verschiebt und Hebel betätigt - alles via Touchscreen. Oder aber ihr dreht das GamePad und nutzt so den eingebauten Gyrosensor, um an bestimmten Stellen die gesamte Levelkonstruktion auf dem Bildschirm zu drehen. Feinde könnt ihr dabei ebenfalls verwirren, indem ihr sie auf dem Touchscreen antippt. Oder ihr reibt ein wenig auf dem Touchscreen, um eure Opponenten zu kitzeln und sie vollkommen aus der Fassung zu bringen. Mal haltet ihr mittels Touchscreen einen Schild schützend über Globox, damit er nicht von glühender Lava getroffen wird, mal zerpiekst ihr Glubschaugen aus den feurigen Tiefen, die euren Weg behindern. Die Abwechslung wird auch in diesen Passagen groß geschrieben.
Als ob das noch nicht genug wäre, müsst ihr nicht immer nur in der Haut von Rayman durch die Levels springen. In einer weiteren Galerie schaltet ihr nach und nach weitere Charaktere frei wie beispielsweise die Barbarin Barbara - passender Name. Weitere Charaktere reichen von Globox über die Kleinlinge bis hin zu speziellen Kostümen für Rayman und seine Freunde, die sogar als Mario und Luigi verkleidet in ihr Abenteuer starten dürfen. Spielerisch bleibt hier zwar alles beim Alten, aber alleine die optische Abwechslung mit wirklich unzähligen Kostümen verdient ein Lob. Außerdem ist das Spiel selbst so dermaßen abwechslungsreich geworden, dass hier nicht einmal ansatzweise Langeweile aufkommt. Die einzelnen Welten sind thematisch grob sortiert, so dass wir unter anderem einen Zauberwald durchschreiten, uns in die Tiefen des Meeres stürzen und es mit höllischen Gegenspielern zu tun bekommen. Die Entwickler haben dabei versucht die typischen Klischees des Genres zu vermeiden, was ihnen erstaunlich gut gelungen ist.
Obwohl selbst der Vorgänger Rayman Origins bereits ein Feuerwerk an guter Laune und Spielspaß war, konnte Ubisoft bei Rayman Legends noch einmal eine Schippe drauf legen und zündet einen Kracher nach dem anderen. Das Spiel entwickelt so unglaubliches Suchtpotenzial, dass man immer noch das nächste Level und die darin versteckten Ideen sehen möchte. Und nach den Endbossen einer jeden Welt, die ebenfalls von Kreativität - oder hättet ihr einen mexikanischen Wrestler als Obermotz erwartet? - nur so strotzen, wartet immer noch eine besondere Musik-Stage auf den Spieler. Hier müsst ihr im Takt der Musik springen und Feinde aus dem Weg räumen, was ein ganz spezielles Schmankerl in Sachen Gameplay ist. Zu chilligen Klängen einer mexikanischen Version von "Eye of the Tiger", blubbernden Kleinling-Chören unter Wasser zu einer sehr speziellen Variante von "Woo Hoo" oder sägenden Gitarrenklängen von "Black Betty" werden präzise Sprünge und schnelle Reaktionen gefordert, die euch ein ums andere Mal in den Exitus springen lassen. Ihr schlagt euch im Takt durch Knochenwände, während Axtkrieger aus dem Hintergrund den Chor mimen und ein mit Feuer speiender Drache euch jagt. Einfach der Hammer!
Doch auch wenn ihr in diesen Stages haufenweise Leben lassen werdet, belohnt euch die Mischung aus Musik und Gameplay für jede Sekunde und jedes vorherige Scheitern. Immerhin sind alle Stages so fair aufgebaut, dass es im Endeffekt immer euer eigenes Versagen ist, das euch die Passage wiederholen lässt. Dank unbegrenzter Leben kommt hier kein Frust auf, lediglich der Counter, der all eure Ableben im gesamten Spiel zählt, wird hier drastisch erhöht werden. Immerhin ist jeder Musik-Abschnitt genauso wie die später auftauchenden Bonus-Herausforderungen optional. Wer diese also zu schwer findet - und teils sind die Herausforderungen echt ungemein schwer - muss sie also nicht zwangsweise spielen. Dennoch bieten sie so viel Abwechslung, dass selbst nach dem letzten Endboss und nachdem der Abspann über den Bildschirm geflimmert ist - der übrigens dank einer netten Idee dafür sorgen wird, dass ihr in diesem Level sicherlich 999 Lums sammeln werdet - immer noch genug zu tun ist. Über mangelnde Aufgaben oder einen geringen Umfang braucht sich also wirklich niemand beschweren und selbst die Verschiebung des Spiels wurde in der Tat dazu genutzt, um den Inhalt noch einmal deutlich zu erweitern.
Wer nicht gerne alleine spielt, darf sich übrigens für Rayman Legends auf der Nintendo Wii U bis zu vier weitere Spieler mit vor die Konsole holen. Vier Personen übernehmen dabei die Kontrolle von Rayman und seinen Freunden direkt im Spiel. Witzig ist, dass ihr nicht nur eure Gegner aus dem Weg räumen, sondern euch auch gegenseitig Ohrfeigen verpassen könnt. Das Gewusel auf dem Bildschirm macht allerdings gerade deswegen richtig Laune und wirkt flüssiger als es beispielsweise bei New Super Mario Bros. U der Fall war. Getroffene Freunde schweben auch in Rayman Legends wieder in einer Blase in den Screen und wollen befreit werden, damit der Spielspaß für sie weitergeht. Ein Ein- und Aussteigen ist jederzeit möglich, was den Spielfluss zudem fördert. Der fünfte Spieler darf seinen Kumpanen in Form von Murphy helfen, wird also mittels Touchscreen des GamePads gesteuert. Hier habt ihr allerdings weitaus mehr Möglichkeiten als beim Vorbild von Nintendo, da ihr nicht nur Feinde betäuben, sondern auch Käfige mit Kleinlingen in die richtige Richtung ziehen, Rüben aus dem Boden reißen und in den Stealth-Levels die Suchscheinwerfer beeinflussen könnt. Gerade in einer geselligen Runde macht Rayman Legends also ebenfalls viel Spaß und sorgt für viel Gelächter. Und das kurzweilige Fußball-Gebolze Kung Foot macht mit ein paar Freunden ebenfalls Laune. Lediglich auf einen echten Online-Modus müsst ihr verzichten.
Aus technischer Sicht verdient Rayman Legends von der ersten Sekunde an ein großes Lob. Der Hauptgrund dafür ist die verwendete UbiArt-Engine, die das Spiel wie ein lebendig gewordenen Comic erscheinen lässt. Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet, die Animationen butterweich und teils so skurril, dass man einfach nur schmunzeln muss. Auch die Hintergründe strotzen nur so vor Detailreichtum und man erwischt sich immer wieder, wie man beim erneuten Spielen eines Levels Dinge bemerkt, die einem anfangs gar nicht aufgefallen waren. Hier steckt einfach unglaublich viel Liebe zum Detail im Spiel, das in jedem Fall gewürdigt werden muss. Die Steuerung ist präzise und eingängig, der Touchscreen wurde sinnvoll eingesetzt und zeigt, dass ein Multiplattform-Titel von den Fähigkeiten der Wii U tatsächlich profitieren und sich als beste Version herausstellen kann. Der Sound überzeugt mit seinen eingängigen Melodien, albernen Chören, fetten Rocksounds, witzigem Gebrabbel und jeder Menge toller Soundeffekte.
Auch ohne Glieder schwingt sich Rayman in Rayman Legends locker auf den Thron der Plattformer und lässt die Konkurrenz alt aussehen. Derart liebevoll, umfangreich, detailverliebt, abwechslungsreich, einsteigerfreundlich und herausfordernd zugleich war schon lange kein Jump'n'Run mehr. Abgedrehte Ideen, ein toller Soundtrack, eine fantastische Grafik und die präzise Steuerung sorgen für ungetrübten Spielspaß. Die Herausforderungen, knackig schwere Extra-Stages und etliche aufpolierte Levels aus dem Vorgänger lassen den Umfang in die Höhe schnellen. Der witzige Mehrspielermodus und die sinnvolle Einbindung des GamePads machen zudem die Wii U-Version zur besten Fassung von Rayman Legends. Dass es keinen Online-Modus gibt und sich die vielen Charaktere nur in den Kostümen unterscheiden, ist dabei schon Kritik auf sehr hohem Niveau. Allen Wii U-Besitzern, die nicht gerade einen absoluten Hass auf Plattformer aller Art haben, müssen sich Rayman Legends definitiv besorgen, da sie sonst eines der besten Spiele der letzten Jahre verpassen.
Fantastisch
„Rayman Legends nimmt den Thron der 2D-Jump'n'Runs im Sturm ein.“
Markus Schnittka
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Datum: | 01.10.2013, 13:30 Uhr |
Autor: | Markus Schnittka |
Themen: | Wii U |